„Megenberg und Mäbenberg sind identisch“


 

Vor ziemlich genau 20 Jahren, am 24. Februar 1989, hielt Dr. Walter Buckl in Mäbenberg seinen ersten Vor-

trag über Konrad von Megenberg.

 

Nun eröffnete er mit einem Abend in der spätmittel-alterlichen Kirche den Reigen der Veranstaltungen

 

zum 700. Geburtstag des Mäbenberger Gelehrten.

 

  

Walter Buckl zog die Zuhörer im voll besetzten Gotteshaus von der ersten Minute an in seinen Bann mit der Fülle seines Wissens, seiner farbigen und lebendigen Vortragsweise, seinem Humor und der Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse anschaulich zu vermitteln und Konrad von Megenberg facettenreich vorzustellen.

 

Inzwischen anerkannt

In seiner Doktorarbeit hatte der Germanist unter anderem weitere wichtige anerkannte Argumente dafür geliefert, dass – wie inzwischen allgemein anerkannt- das  „Megenberg“ des 14. Jahrhunderts mit Mäbenberg im Landkreis Roth identisch ist.

Weil es leider keine Aktionen oder Beteiligung von gemeindlicher Seite gibt, hat sich die Dorfgemeinschaft des 420 Einwohner zählenden Gmünder Ortsteils des Jubiläums angenommen. Ein Organisationsteam hat ein kleines, aber feines Programm zusammengestellt, um an den großen Sohn des Dorfes zu erinnern. Der Heimatverein Georgensgmünd unterstützt die Mäbenberger sowohl personell als auch finanziell.

 

Ein Besuch in Regensburg zur Besichtigung seiner Wirkungsstätten und ein Dorffest am 10. Mai, das ganz im Zeichen des mittelalterlichen Gelehrten steht, folgen dem Vortrag. Konrad von Megenberg schrieb in der Sprache seiner Heimat und nannte es: „daz däutsch von Megenberch …“.  Im Herbst sind alle Generationen eingeladen, dieses Deutsch unter der Leitung von Kreisheimatpfleger Manfred Horndasch zu ergründen und ihre eigenen Kenntnisse über den heimischen Dialekt einzubringen. Außerdem hat Walter  Buckl einen weiteren Vortrag, diesmal mit Bildern, angedacht.  Als er vor rund 25 Jahren mit den Studien zu seiner Doktorarbeit über Konrad begann, galt das Thema noch als exotisch. Heute, so Buckl, erlebt Konrad von Megenberg einen richtigen Boom. Und manches von dem, was er damals vortrug, ist inzwischen überholt. Die Forschung hat seitdem nämlich enorme Fortschritte gemacht. An Konrads Hauptwirkungsstätte in Regensburg wird im August eine dreitägige Tagung über den Domherrn ausgerichtet, die weitere neue Erkenntnisse über Leben, Arbeitsweise, seine Quellen und seine Wirkung bringen wird.

 

Konrad von Megenberg wurde 1309 als Spross einer nicht üppig begüterten Ministerialenfamilie geboren, stammte also aus niederem Adel. Er war vermutlich der erste Sohn, denn seine Mutter war bei seiner Geburt erst 16 Jahre alt. Eine der neuen Erkenntnisse ist, dass er nicht schon im Alter von sieben Jahren nach Erfurt ging, um dort die „Trivialschule“ zu besuchen, sondern erst mit etwa dreizehn oder vierzehn Jahren und dort wohl sieben Jahre blieb. Für seinen Lebensunterhalt hatte er hier selbst zu sorgen.

 

Spätestens ab 1334 schlossen sich Studienjahre in Paris an, wo er den Magistertitel erwarb und als Lektor wirkte. Seine Pariser Zeiten mussten stürmisch gewesen sein, denn er wurde zeitweise sogar „priviert“, d.h. von Vorlesungen und Prüfungen ausgeschlossen. Um seinen Namen den nichtdeutschen Kollegen besser verständlich zu machen, nannte er sich in Paris „Conradus de Monte puellarum.“ Sein Wappen zeigt die Büsten dreier Jungfrauen über Bergkuppen, aus denen Eicheln sprießen.

 

Ab 1342 wechselte Konrad nach Wien, um dort das Rektorat der Stephans- Schule zu übernehmen- jener Anstalt, aus der 23 Jahre später durch Stiftung des Habsburger Herzogs Rudolph IV. die Wiener Universität hervorging. 1348 ging Konrad nach Regensburg, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1374 blieb. Schon 1357 wurde er – trotz massiver Widerstände - zum Dompfarrer von St. Ulrich ernannt und lebte bis zu seinem Tod im Ernvelser Haus (Ehrenfelser Hof).

 

In dieser Position befand er sich in einer Art Dekansstellung für alle weiteren Regensburger Geistlichen. Auch hier zeigte er sich streitbar, denn besonders heftige Konflikte hatte er mit dem mächtigen Domherren Dietrich von Au, seinem stärksten Gegner. Mindestens sechsmal reiste er an die Kurie nach Avignon, u.a. im Auftrag der Stadt Regensburg (1357) und des Kaisers (1361).

  

Häufiger aber als bislang bekannt reiste er auch in eigener Sache als „Pfründenjäger“. Nach neuen Quellenfunden trat er noch mehrmals, z.B. 1368 und 1370, als Schlichter in Rechtsfragen in Erscheinung, auch noch in seinem Todesjahr 1374 im Auftrag von Papst Gregor XI. in zwei Rechtsverfahren. Er verstand es stets, die Anliegen seiner Missionen mit eigenen Interessen zu verknüpfen, sei es der Wunsch nach weiteren Wirkungsstätten oder die Zueignung seiner Werke an einflussreiche Kleriker der Kurie. Aber seine Bemühungen hatten keinen Erfolg und er blieb bis an sein Lebensende in der Donaustadt.

 

Buch der Natur

Konrads bekanntestes Werk ist das „puoch von den natürleichen dingen“, kurz – und fälschlicherweise - "Buch der Natur" genannt. Es war die erste Naturkunde in deutscher Sprache. Von seinen etwa zwei Dutzend lateinischen Titeln sind die meisten verschollen. Er verfasste u.a. Lebensbeschreibungen von Heiligen, Traktate über das Verhältnis von Papst und Kaiser oder seine streitbaren rhetorischen Salven auf die Philosophie des William Ockham, der als Umberto Ecos Romanfigur William von Baskerville in „Der Name der Rose“ einem breiten Lese- und Kinopublikum bekannt wurde.

Die größte an der Zahl der überlieferten Handschriften messbare Wirkung jedoch erzielte er mit diesem Werk,  das er um 1348 – 1350 verfasste. Von ihm haben sich bis heute rund 140 Textzeugen sowie acht frühe Drucke (1475 und 1540) erhalten. Konrad legte mit diesem Werk eine Übersetzung und Bearbeitung des „Liber de natura rerum“ des Dominikaners Thomas von Cantimpré (1201 – 1270/72) vor.

Immer wieder beruft er sich auf die „lerer“ oder die „hailigen lerer“, auf die „weisen maister“ oder gar auf die „zaubrer in irn puechern“ oder die „historien … daz sint die geschrift von den geschihten in den landen und in den zeiten“. Dutzende von Namen zählt er als Quellen auf, darunter Plinius d. Älteren, Albertus Magnus, Ptolemäus oder die Bibel. Mit Abstand am häufigsten, insgesamt 140 Mal, kommt Aristoteles zu Wort.

 

Dieses Naturkundebuch in deutscher Sprache war als Kompendium gedacht für Kleriker, die aus den Eigenschaften von Tieren, Pflanzen und Steinen Anregungen für Beispiele und Lehren in ihren Predigten ziehen sollten. Das Buch ist fest in der Tradition der mittelalterlichen Naturkunde verankert. Die Natur steht nicht mehr nur für sich allein, sondern als Träger einer verborgenen Sinnebene und als Spiegel des Schöpferwillens- und –wirkens. So kann laut Konrad die Henne an dem Tag, an dem sie ein Ei gelegt hat, nicht von der Schlange gebissen werden. Der Leser soll daraus lernen: "also scholt auch wir alle tag etswaz guotes tuon, wie klain daz waer, daz unz der poes gaist iht geseren möht.“

 

Kritischer Denker

Aber es ist mitnichten nur ein  traditionelles Werk, das statt in lateinischer Sprache in der Volkssprache formuliert ist.  Der Autor gliedert es zwar straff und hierarchisch in acht Hauptstücke: Von den Menschen, den „himeln und den siben planeten“, den Tieren, „von den paumen (Bäumen)“, „von den wolsmeckenden paumen (Gewürzen)“, „von den edeln stainen“, „von dem gesmaid“ (Metalle) sowie den Wunderbrunnen und Wundermenschen. Die traditionell theologische Verankerung dieser eher konservativen mittelalterlichen Enzyklopädie ist allerdings nur die eine Seite. Die andere zeigt den Autor als kritischen Denker, der nicht unbesehen übernimmt, was die Vorlage ihm bietet. Er lässt eigene Beobachtungen und Kommentare einfließen, die das Buch auch heute noch zu einem amüsanten Lesestoff machen.

So gibt er z.B. ein Rezept für „zukkerrosat“ weiter, mit dem man viel Geld sparen könne: „roest rosenpleter wol mit zukker pei dem feur und tuo daz dar nach in ain glas und setz ez an die sunnen dreizich tag und ruer ez wol all tag mit ainem löffel und misch ez vast under einander, also daz du daz glas oben vermachest an der sunnen. Daz beleibt guot dreu jar, tuost du im reht. Ez überhebt dich vil pfennig in der apoteken.“ Lesern, die allzu hohe Erwartungen an die Ausführlichkeit der Beschreibungen von Gliedern, Pflanzen und Steinen richten, erteilt er schon im Eingangskapitel eine Abfuhr: „sen dich nit dar nach, daz ich dir von iedem wort ain halbez plat schreib“.

 

 

IRENE HECKEL